Was ist genau Bühnenangst ?
„Angst ist die Lücke zwischen dem JETZT und DANN.“
(Fritz Perls)
Einmal sagte ein Musikstudent: „Schmetterlinge sollen wissenschaftlich untersucht werden und gehören nicht in meinen Bauch.“ Jeder Künstler, der den Effekt von „Schmetterlinge-im-Magen“ schon einmal erlebt hat, weiß von was dieser Student sprach.
Wenn wir uns auf der Bühne unter Leistungsdruck sehen, kann es durchaus möglich sein, dass wir unter den mannigfaltigen ungewollten Symptomen leiden. Zu diesen können gehören: Schwitzende Hände, trockener Mund bis hin zu den eben schon erwähnten Horden von Schmetterlingen im Magen.
Zu musizieren ist doch etwas Schönes, warum empfinden wir solche Symptome der Angst? Warum berichten 25% der professionellen Musiker, dass ihr Auftritt stetig von Bühnenangst begleitet ist? Einigen Musikern machen die Schmetterlinge im Bauch nichts aus, anderen wird der Auftritt komplett ruiniert.
Wie entgehen wir so einem Erlebnis? Techniken, die für andere funktionieren, müssen nicht zwingend auch für dich funktionieren. Der beste Tipp eines Musikerkollegen muss nicht zwingend der beste Tipp für dich sein.
Experimentiere mit den Techniken, die für dich persönlich einen konkreten Nutzen bringen! (Wir kommen später noch auf diese Techniken zurück.)
Manchmal hört man den Tipp: „Stell dir einfach das Publikum in Unterwäsche vor!“ Ein großer Quatsch. In den seltensten Fällen wird ein solches Vorgehen ein tief verwurzeltes Angstgefühl in die Flucht schlagen. Trotzdem ist die Bühnenangst für viele Künstler gut in den Griff zu bekommen.
Selbst berühmte Menschen litten viele Jahre lang unter Lampenfieber bzw. Bühnenangst. Zu diesem Menschen gehörten u.a. Chopin, Maria Callas, John Lennon und Robbie Williams.
„50 Prozent aller Musiker und 70 Prozent aller Studierenden der Musik leiden unter Aufführungsängsten, die sie bedrohen und oftmals zum Abbruch der Karriere führen“, berichtet Mediziner und Querflötist Professor Eckart Altenmüller von der Musikhochschule Hannover.
Was passiert konkret aufgrund der Bühnenangst in unserem Kopf als auch in unserem Geist? Begegnen wir einer realen oder aber auch nur einer lebendig vorgestellten Gefahr, reagiert unser Körper augenblicklich auf die Situation und möchte uns mit dieser Reaktion vor der Gefahr schützen.
Die physischen Reaktionen, die du in diesen Situationen vielleicht erlebst, sind ein erhöhter Herzschlag, Schweißausbruch oder aber auch eine Form von Kurzatmigkeit. So oder so ähnlich erleben dies auch einige Musiker auf der Bühne.
Adrenalin führt dazu, dass du so aufmerksam bist, dass es dir möglich ist, in weniger als einer Sekunde, (überlebenswichtige) Entscheidungen treffen zu können. Sei es das sofortige Weglaufen vor der Situation oder tatsächlich der Kamp. (In Fachkreisen bekannt als sog. Kampf-oder-Flucht-Reaktion)
Egal für welche Reaktion du dich auch entscheidest, du benötigst eine große Menge an Energie, um deinen Kampf oder deine Flucht in die Praxis umzusetzen. Du atmest schnell, dein Blutdruck steigt, deine Hände werden kalt, weil Blut in deine Füße abwandert.
Mit kalten Fingern Gitarre zu spielen, wird auch schwer, ist aber eine andere Geschichte, zu der ich später noch zurückkomme.
Wie du die Bühnenangst bzw. das Lampenfieber nachhaltig hinter dir lässt und dieses Gefühl sogar in eine positive dich antreibende Energie umwandelst, dass zeigen wir dir in den Trainings! Einige Musiker sprechen davon einen gewissen Grad an Lampenfieber verspüren zu müssen um gut zu sein. Stimmt! Kontraproduktiv wird das Ganze, wenn ein solcher Grad überschritten wird.
Das Yerkes-Dodson-Gesetz – ein Möglichkeit Bühnenangt zu besiegen
„Blinder Eifer schadet nur“
Kennst du den Satz? Sicher! Als Motto ist dieser sicherlich gerade für die Faulpelze unter uns mehr als attraktiv. Wie so viele Redensarten enthält aber auch dieser Satz einen Funken Wahrheit und diese Wahrheit schauen wir uns in diesem Blogeintrag mal an.
Eine Einsicht enthält dieser Satz ganz bestimmt:
Purer Aktionismus ist nicht Ziel führend!
In diesem Zusammenhang gibt es sogar ein Phänomen, das man als „Übermotivation“ bezeichnen könnte (vgl. Comelli & v. Rosenstiel, 1995, S. 54ff) und hier kommen wir auch gleich zu unserem Yerkes-Dodson-Gesetz. Gemäß diesem Gesetz stellt sich der Zusammenhang zwischen Leistung und Aktivation (Aktivation = Intensität des Verhaltens) graphisch als umgekehrtes U dar. Das Yerkes-Dodson-Gesetz behauptet also, dass es immer ein Optimum an Aktivation gibt, jenseits dessen die Qualität der Leistung wieder abnimmt.
Wo liegt das Optimum?
Wesentlich für die Feststellung des Optimum ist die Schwierigkeit bzw. die Komplexität der zu bewältigenden Aufgabe. Bei leichten Aufgaben steigt die Qualität der Lösung noch mit der Stärke der Aktivation; ein Absinken erfolgt eher bei sehr hoher Erregung. Bei schweren Aufgaben wird das Optimum schnell erreicht. Hier schadet die Erregung bereits bei einer geringen Stufe und folglich hat jede Aufgabe ihr eigenes Erregungsoptimum.
Jetzt bedeutet eine hohe Motivation auch einen hohen Grad an Aktivation; also einen Zustand, in dem man vor blinden Eifer und Aktionismus nicht sicher ist. Heißt das, dass man auch zu stark motiviert sein kann? Ja, in der Tat, es gibt Situationen, in denen nur eine mittlere Ausprägung der Motivation optimale Ergebnisse erwarten lässt (Kleinbeck, 1996, S.15)
Entspannung und Gelassenheit
Aus dem Yerkes-Dodson-Gesetz ergibt sich ein wichtiger Grundsatz: Entspannung und Gelassenheit sind unverzichtbare Elemente der Motivation. Nicht alle Situationen in denen wir Motivation brauchen bewerten wir als angenehm. Denke z.B. an ein anstehendes Konfliktgespräch, eine schwierige Verhandlung oder Präsentation. Die Wahrscheinlichkeit, einer unangenehmen Situation auszuweichen, ist unter Anspannung höher, als wenn du entspannt bist. Der Grund dafür ist einfach: Anspannung kann u.a. Fluchtreaktionen auslösen.
Aber nicht nur Flucht, auch Aggressionen werden unter Anspannung wahrscheinlicher und man lernt schlechter. Bei erhöhter Anspannung leidet die Konzentration und wir fallen gerne in alte Verhaltensmuster zurück. Dies ist besonders problematisch wenn wir schlechte Gewohnheiten ablegen und ein neues Verhalten erlernen wollen.
Dies alles sind Gründe, die dafür sprechen, nur mit einer mittleren Anspannung – und das kann manchmal auch heißen: mit einem moderaten Maß an Motivation – in eine Leistungssituation zu gehen.