Nach den ersten Trainingseinheiten im physischen Aikido und dem Entdecken der dahinter liegenden Philosophien, kann es durchaus passieren, dass man sich die Frage stellt, ob Aikido wirklich eine ausgewachsene Kampfkunst ist.
Viele Menschen würde an dieser Stelle sicherlich intuitiv „Ja“ sagen und ich finde dies durchaus verständlich, dass Aikido in diese Kategorie eingestuft wird. Jetzt einmal ganz unter uns: gehört die friedliebende Philosophie des Aikido, wirklich zu einer Kategorie KAMPF?
Das Wort „Kampfkunst“ gehört für meine Begriff in das Umfeld des Begriffes „Kunst des Krieges“ und die Wurzel des Wortes „Kampf“ , finden wir in dem Wort „Mars“, dem römischen Kriegsgott.
- Passt in dieses Umfeld wirklich der Begriff „Aikido“ hinein?
- Kann die Absicht von Morihei Ueshiba (Begründer des Aikido), „die Welt in Liebe und Harmonie zu vereinen, als kriegerisch angesehen werden?
Und die Aussagen von Sensei Morihei Ueshiba gehen noch weiter:
„Diejenigen, die miteinander konkurrieren und versuchen, sich gegenseitig zu übertreffen, machen einen schrecklichen Fehler. Zu zerschlagen, zu verletzen oder zu zerstören ist das Schlimmste, was ein Mensch tun kann. Der wahre Weg eines Kriegers besteht darin, ein solches Abschlachten zu verhindern – es ist die Kunst des Friedens, die Kraft der Liebe. “
Jeder, der sich nur ein bisschen mit Aikido und dessen Philosophie beschäftigt, erkennt, wie Morihei Ueshiba darauf bestand, dass „Budo*“, Liebe und “Aikido” keine Technik ist, um mit dem Feind zu kämpfen oder ihn zu besiegen. Aikido ist ein Weg, die Welt zu versöhnen und die Menschen zu einer Familie zu machen. Und jetzt noch einmal die Frage: Passen diese Art Aussagen zu dem Bemühen, Aikido als eine Art Kriegskunst verstehen zu wollen?
Wenn Aikido keine Kampfkunst ist, was ist es dann?
Anstatt diese Kunst in Bezug auf einen Kriegsgott zu qualifizieren, dachte ich, dass wir sicherlich eine Art „Gott der Liebe und Harmonie“ finden könnten, um mehr mit O-Senseis Vision vom Aikido übereinzustimmen. Lange dauerte es nicht und da stieß ich auf Venus. Bevor Venus ein Planet wurde, begann auch sie ihr Leben als einer der Götter. Im Kern stellt sie im Bezug zu Mars eine entgegengesetzte Zielrichtung dar. Auf der einen Seite haben wir den Krieg (Mars) und auf der anderen Seite die Liebe (Venus).
Venus war also die Göttin der Liebe. An dieser Stelle möchte ich ungern eine Debatte über umstrittene Ansichten eröffnen, persönlich bin ich jedoch der Meinung, dass das Aikido viel näher einer venusianischen, als einer kriegerischen Kunst steht. Um die Verwirrung komplett zu machen, werde ich, wenn ich von Aikido spreche, die Verwendung der Begriffe „Kampfkunst“ und „Weg des Kampfes“ durch den ursprünglichen Begriff „Budo“* ersetzen. Budo kann als „Weg mutiger und aufgeklärter Aktivität“ übersetzt werden.
Selbst, wenn du immer noch behaupten möchtest, dass Aikido eine Kampfkunst ist, dann hast du sehr wahrscheinlich nicht in Betracht gezogen, dass neben dem rein physischen Kampf, auch noch in anderen Ebenen (emotional, intellektuell, verbal etc.), sehr viel möglich ist. Dieser Denkansatz zeigt auf, dass wir, egal mit was wir im Leben konfrontiert sind, es uns möglich ist, Umstände zu neutralisieren bzw. zu transformieren. Wir können die auf uns einströmende Energie akzeptieren, uns mit ihr verschmelzen und umleiten.
Wie die Philosophie der Kunst des Aikido in der Kommunikation umgesetzt wird, dass erfährst du hier auf den Seiten des „Verbalen Aikido“. Schau dir doch einmal den Bronzekurs an. Dort werden dir die ersten Grundtechniken vermittelt. Viel Spaß damit!
Besten Gruß
Frank
[*] Der japanische Begriff “Budo” wurde oft als “Kampfkunst” übersetzt, aber der Gründer definierte dieses Konzept neu und trennte es von jeder Vorstellung von Krieg.